Camillo Jerusalem war 1930 von den "Landstraßer Amateuren" zur Austria gestoßen. Der Linksverbinder begann mit 80 Schilling Fixum, 1938 hatte er schon 300 Schilling Fixum monatlich. Das doppelte gab’s später in Sochaux (Frankreich). Höhepunkt seiner Karriere bei der Austria war sicher sein Goldtor in Prag das der Austria den zweiten Mitropacupsieg brachte. Ein 0:0 im ersten Finalspiel gegen Sparta ließ für das Rückspiel in Prag wenig Hoffnung. Aber dann siegte die Austria auswärts 1:0, durch das Tor von Jerusalem!
Wie er zu dem ungewöhnlichen Familiennamen bekommen ist kann nicht ergründet werden, dazu wurde er auch noch auf den bei uns damals nicht üblichen Vornamen Camillo getauft, der ihm selber aber so wenig gefallen hat, dass er sich lieber "Karli" nennen hört. Karli klang dem Wiener Ohr vertrauter als der schmetternde Camillo, es ist ein wienerischer ein mehr "erdbergerscher" Klang dabei zu hören und "am Erdberg war er z´Haus"! Von Erdberg holte ihn auch die Austria und von hier ging sein Aufstieg rasch, ja sogar zu rasch vor sich, denn er wurde nach den ersten Versuchen in der ersten Mannschaft wieder in die Reserve zurückversetzt.
Er rückte wieder in die erste Mannschaft vor, wirkte zuerst unauffällig dann immer erfolgreicher und schließlich wurde er unentbehrlich für die Mannschaft. Viele Jahre hindurch kämpfte er im Schatten – und im Lichte eines Größeren des größten Wiener Stürmers, Sindelar! Im Schatten deshalb weil die Menge doch nur für den Meister Augen und Ohren hatte, so dass die Nebenmänner in die zweite Reihe gerückt wurden, im Lichte aus dem Grunde, weil der Fußballkünstler in der Mitte aus dem jüngeren Nebenspieler herausholte, was irgendwie herauszuholen war.
Sein fußballsportliches Eigenleben begann eigentlich erst, als er nach seinem ersten Aufenthalt in Frankreich wieder nach Wien zurückgekehrt war und in der verjüngten Austria-Mannschaft das Geschäft des Führenden übernommen hatte. Nach dem Herbstdurchgang der Saison 1945/46 hat er die Austria wieder verlassen und wieder bei Socheaux in Frankreich zu wirken. Jerusalem war kein Jüngling mehr, er hoffte in Frankreich auf einen reicheren Ertrag seiner Spielertätigkeit, die märchenhaften Ziffern die man damals von dort gehört hatte, lockten ihn, vielleicht aus deshalb, weil er kein Währungsfachmann war und nicht musste, dass die gigantischen Ziffern immer in langsamerem Tempo anwuchsen als die Geldentwertung damals fortschritt.
Jerusalem war aber auch mit einer Französin verheiratet die aus Kolmar stammt. Ihr Wunsch heimzukehren spielte wohl auch eine Rolle. Hatte er doch schon mit Frankreich gute Erfahrungen gemacht. Kurz nach dem Nazieinmarsch in Österreich. Damals klang sein Name den Nazis verdächtig. Ein süddeutscher Verein hatte bei einem Gastspiel der Austria vor dem Kriege das Ersuchen gestellt, mit Rücksicht auf die Publikumsstimmung auf die Entsendung des Spielers Jerusalem zu verzichten. Austria verzichtete nicht und Camillo war noch boshaft genug, durch ein paar Treffer die dortige Lokalpresse zur oftmaligen Nennung seines Namens zu zwingen. Auch den Herbergers musste es unerwünscht scheinen, einen Spieler mit dem ominösen Namen am Ende gar in die Nationalmannschaft stellen zu müssen, kurz, er fühlte sich unbehaglich und ging dorthin, wo man ihn gerne sag, nach Frankreich.
Auf der Höhe seines Könnens ging er wieder nach Frankreich. Die "Sport-Schau" schrieb damals "Er wird der Austria fehlen, besonders seinen Nachbarn im Angriff, er wird nicht leicht in der Nationalmannschaft zu ersetzen sein. Ein Verlust neben vielen anderen. Schade um Jerusalem!" Der Österreichische Fußballverband hat bisher noch keinen erstklassigen Spieler für das Ausland freigegeben. Warum hatte man Jerusalem ziehen lassen? Im Falle Jerusalem lag die Sache so, dass der Spieler zur Zeit der Besetzung Frankreichs durch die Deutschen in einem Berufsspielerverhältnis stand, das nicht gelöst, sondern durch höhere Gewalt unterbrochen worden war. Da die damals geltenden gesetzlichen Bestimmungen wieder in Kraft sind, konnte Jerusalem die Wiederaufnahme seiner sportlichen Tätigkeit bei Sochaux nicht verwehrt werden. Eine Freigabe seitens des ÖFB, erübrigte sich, da der Spieler praktisch in einem ungelösten Dienstverhältnis bei den französischen Klub stand.
Vereine: Landstraßer Amateure, Austria Wien, Socheaux, Red Star
Legende:
E ... Einsätze
EW ... Einwechslungen
T+ ... Geschossene Tore
T- ... Tore erhalten (nur für Tormänner)
S ... Siege
U ... Unentschieden
N ... Niederlagen
G ... Gelbe Karten
GR ... Gelb-rote Karten
R ... Rote Karten
M ... Spielminuten
M/T+ ... Minuten pro geschossenes Tor
M/T- ... Minuten pro erhaltenes Tor (nur für Tormänner)